Katalyse für Energietechnologien

Dr. Henrik Junge

Forciert durch politische Entscheidungen wird derzeit in Deutschland intensiv an der Entwicklung von Wasserstofftechnologien gearbeitet. Die Gruppe „Katalyse für Energietechnologien“ beschäftigt sich bereits seit 2003 mit der Erzeugung von (grünem) Wasserstoff aus erneuerbaren Energien und Rohstoffen, der chemischen Speicherung von Wasserstoff und seiner Nutzung zur Kohlendioxidverwertung durch Synthese von Energieträgern und industriell relevanten Produkten (z.B. Kohlenmonoxid, Ameisensäure, Methanol, Methylformiat). Dafür finden sowohl klassische Hydrierungs-/Dehydrierungsreaktionen als auch photokatalytische Reaktionen Anwendung. Zur Verbesserung dieser Umsetzungen kombinieren wir unsere methodischen Kompetenzen zur Reaktionsführung und Produktanalytik mit unseren Erfahrungen bei der Entwicklung aktiver und selektiv arbeitender Katalysatoren und Photosensilibisatoren. Als Katalysatoren kommen sowohl Organometallkomplexe als auch heterogene Katalysatoren, wie z.B. geträgerte Nanopartikel und „Single Atoms“, zum Einsatz. Grundsätzlich spielen dabei neben Edelmetallen auch Nichtedelmetalle eine entscheidende Rolle. In allen Forschungsthemen und Projekten arbeiteten/arbeiten wir international mit führenden Gruppen und Industrieunternehmen zusammen. Die einzelnen Themen umfassen konkret: 

Ziel unserer Arbeiten ist die Erzeugung von Wasserstoff aus Substraten wie z.B. Methanol, Bioethanol, Glycerin, Glucose, Cellulose und Stroh mit hoher Selektivität sowie insbesondere unter milden Bedingungen. Dabei soll die Bildung von Kohlenmonoxid, einem Brennstoffzellenkatalysatorgift, unterdrückt werden. Neben Wasserstoff entstehen weitere Wertstoffe wie z.B. Essigsäure, Essigsäureethylester, Propandiol, Aceton oder Milchsäure. Ein besonderes Highlight war zuletzt der erfolgreiche Einsatz eines unserer Katalysatorsysteme in der kontinuierlichen Niedertemperatur-Wasserstofferzeugung aus Methanol/Wasser über 450 h in einer Demonstrationsanlage an der FAU Erlangen-Nürnberg (Projekt Metha-Cycle, gefördert vom BMWi).

Ref.:

  •  M. Nielsen, E. Alberico, W. Baumann, H.-J. Drexler, H. Junge, S. Gladiali, M. Beller, Nature 2013; 495, 85-90; Low-temperature aqueous-phase methanol dehydrogenation to hydrogen and carbon dioxide. 
  • P. Zhang, Y.-J. Guo, J. Chen, Y.-R. Zhao, J. Chang, H. Junge, M. Beller, Y. Li, Nature Catalysis 2018, 1, 332.
  • C. H. Schwarz, D. Kraus, E. Alberico, H. Junge, M. Haumann, EJIC. 2021, 1745-1751, Immobilized Ru-Pincer Complexes for Continuous Gas Phase Low-Temperature Methanol Reforming - Improving the Activity by a Second Ru-Complex and Variation of Hydroxide Additives.

 

Die direkte photokatalytische Erzeugung von Wasserstoff, Kohlenmonoxid, Ameisensäure sowie weiteren Produkten unter Nutzung von (Sonnen)licht steht im Fokus unserer Arbeiten. Die Umsetzung der dabei gewonnenen oder aus Biomasse erzeugten (Bio)Ameisensäure zu Methanol, Methylformiat sowie Oxymethylenethern stellt einen weiteren Schwerpunkt der Untersuchungen dar. Auch bei diesen Themen arbeiten wir an der Entwicklung edelmetallfreier und ausreichend verfügbarer Katalysatormaterialien.

 

Ref.:

  • C. Steinlechner, A. F. Rösel, E. Oberem, A. Päpcke, N. Rockstroh, F. Gloaguen, S. Lochbrunner, R. Ludwig, A. Spannenberg, H. Junge, R. Francke, M. Beller, ACS Catal. 2019, 9, 2091-2100; Selective Earth-Abundant System for CO2 Reduction: Comparing Photo- and Electrocatalytic Processes.
  • J. Schneidewind, Miguel A. Argüello Cordero, H. Junge, S. Lochbrunner, M. Beller, Energy Envir. Sci. 2021, 14, 4427-4436; Two-photon, visible light water splitting at a molecular ruthenium complex.
  • E. Alberico, T. Leischner, H. Junge, A. Kammer, R. Sang,  J. Seifert, W. Baumann, A. Spannenberg, K. Junge, M. Beller, Chem. Sci. 2021, 12, 13101-13119; HCOOH Disproportionation to MeOH promoted by Molybdenum PNP Complexes.

Die möglichst effiziente und langfristige Speicherung von Wasserstoff stellt eine Schlüsselfrage in der Wasserstofftechnologie dar. Basierend auf der Kombination von katalytischer Herstellung und Zersetzung von flüssigen Energie- bzw. Wasserstoffträgern werden Kreisläufe zur CO2-neutralen Speicherung ermöglicht. Solche Kreisläufe sind u.a. für Ameisensäure, deren Salzen, den Formiaten sowie Methanol denkbar. In allen Fällen wird dabei die hohe volumetrische Energiedichte der Flüssigkeiten bzw. Lösungen im Vergleich zu der des Wasserstoffs ausgenutzt. 

Eine besondere Rolle spielen auch die Verfügbarkeit und Konzentration des Kohlendioxids, welches bestenfalls mittels geeigneter Absorbenzien direkt aus der Luft abgetrennt und zu Folgeprodukten umgesetzt werden sollte. In diesem Zusammenhang sind u.a. aminosäurebasierte Systeme effiziente Materialien zur CO2-Abtrennung und erlauben gleichwohl die anschließende Hydrierung des gebundenen Kohlendioxids zu alternativen Energieträgern wie z.B. zu Formiaten.

Neben der Entwicklung von neuen innovativen Katalysatoren auf Basis gut verfügbarer Metalle, ist es ein wesentliches Ziel, Demonstratoren für den Technikumsmaßstab zu realisieren.

Ref.:

  • A. Boddien, D. Mellmann, F. Gärtner, R.Jackstell, H. Junge, P. J. Dyson, G. Laurenczy, R.Ludwig, M. Beller, Science, 2011, 333, 1733-1736; Efficient Dehydrogenation of Formic Acid using an Iron Catalyst. 
  • D. Wei, H. Junge, M. Beller, Chem. Sci. 2021, 12, 6020-6024; An amino acid based system for CO2 capture and catalytic utilization to produce formates.
  • D. Wei, R. Sang, P. Sponholz, H. Junge, M. Beller, Nature Energy, 2022, DOI: 10.1038/s41560-022-01019-4; A carbon-neutral chemical hydrogen battery based on formic acid.

Auch in diesem Teilgebiet liegt der Schwerpunkt in der Entwicklung edelmetallfreier und ausreichend verfügbarer Katalysatormaterialien als Ersatz für teure Edelmetalle. Dabei gelingt die Stabilisierung von Metallclustern und Nanopartikeln durch Anbindung an in geeignete Träger eingebundene Haftatome. Anwendungsgebiete sind z.B. die selektive Dehydrierung von Ameisensäure mittels Cobaltkatalysatoren sowie die elektrochemische Kohlendioxidreduktion zu Kohlenmonoxid mit einem Eisenkatalysator.  Durch Strukturanalyse konnten für diese Verbindungen jeweils die Entstehung von fein verteilten MNx-Spezies sowie deren Aktivität in der Zielreaktion nachgewiesen werden.

 

Ref.:

  • C. Tan, A.-E. Surkus, F. Chen, M.-M. Pohl, G. Agostini, M. Schneider, H. Junge, M. Beller, Angew. Chem. 2017, 129, 16843-16847, Angew. Chem. Int. Ed. 2017, 56, 16616-16620; A Stable Nano-Cobalt Catalyst for Selective Dehydrogenation of Formic Acid with Highly Dispersed CoNx Active Sites. 
  • X. Li, A.-E. Surkus, J. Rabeah, M. Anwar, S. Dastigir, H. Junge, A. Brückner, M. Beller, Angew. Chem. 2020, 132, 15983-15988, Angew. Chem. Int. Ed. 2020, 59, 15849-15854; Cobalt Single-Atom Catalysts with High Stability for Selective Dehydrogenation of Formic Acid. 
  • M. Miola, S. Li, X.-M. Hu, M. Ceccato, A.-E. Surkus, E. Welter, S. U. Pedersen, H. Junge, T. Skrydstrup, M. Beller, K. Daasbjerg, Advanced Materials Interfaces, 2021, 2100067; Highly scalable conversion of blood protoporphyrin to efficient electrocatalyst for CO2-to-CO conversion.

Ansprechpartner: Dr. Henrik Junge (henrik.junge{at}catalysis.de)