Katalytische Cycloadditionen

Assoziierte Arbeitsgruppe Prof. Marko Hapke (Universität Linz)

Die Liaison von ungesättigten Funktionalitäten wie Doppel- und Dreifachbindungen mit Übergangsmetallkomplexen bilden den Ausgangspunkt für den Einstieg in eine faszinierende Welt ungewöhnlicher Reaktionen und die Bildung einer Vielzahl ganz unterschiedlicher Reaktionsprodukte. Der Aufbau von Molekülen mit einer hohen Funktionalität und Molekülkomplexität durch metallkatalysierte Cycloadditionsreaktionen ausgehend von Alkinen und heteroatomhaltigen Analoga stellt dabei eine besonders interessante Herausforderung dar.
Unser Interesse gilt daher insbesondere auch der systematischen Darstellung und Charakterisierung von neuen Präkatalysatoren auf Basis der Gruppe 9-Metalle und benachbarten Elementen wie dem Eisen und Nickel. Gerade Halbsandwich-Cobaltkomplexe und von ihnen abgeleitete Derivate und das Studium zum Verständnis ihrer Reaktivität und der dominierenden strukturellen Parameter sind hier besonders interessant.[1] Aufschlussreiche Erkenntnisse für die katalytische Darstellung von Benzol- und Pyridinderivaten durch Cyclotrimerisierungsreaktionen lieferte dabei auch der Vergleich zu den schwereren Gruppenhomologen Rhodium und Iridium.[2] 
Zusätzlich spielt die Untersuchung der cobalt-katalysierten asymmetrischen [2+2+2]-Cycloaddition eine wichtige Rolle für die enantioselektive Darstellung axial-chiraler Biarylderivate, insbesondere unter den angewandten photochemischen Bedingungen, welche außergewöhnliche Ergebnisse und Beobachtungen im Vergleich zur rein thermischen Reaktion zulassen.
Durch die notwendige Darstellung der entsprechenden Substrate, welche wir auch zur Untersuchung neuer Präkatalysatoren entwickeln und ausnutzen, besitzen wir auch ausgedehntes Know-how im Bereich der Alkin- und Aromatenchemie.

Cyclopentadienyl-(Cp)-Cobalt(I)-Komplexe gehören zu den Katalysatoren der „1. Generation“ für [2+2+2]-Cycloadditionsreaktionen, allerdings benötigen die meisten häufig eingesetzten Katalysatorkomplexe relativ hohe Temperaturen zur Aktivierung. Wir haben eine Reihe von neuen Cobalt(I)-Olefin-Komplexen synthetisiert und ihre hohe Reaktivität in Cycloadditionsreaktionen evaluiert.[3] Die Einführung von Phosphiten als Liganden und die Entwicklung neuer Synthesemethoden führte zu einer ganzen Reihe von Komplexen, die schon bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen sehr aktive Katalysatoren sind und somit die Palette an bekannten CpCo-Katalysatoren erweitern als auch systematische Studien zulassen.[4]

Evaluierung neuer CpCo-Phosphit-Komplexe in Cycloadditionen:

 


Weiterhin haben wir für die Metalle der Gruppe 9 erstmalig Komplexe mit identischem organischen Ligandengerüst synthetisiert, die einen Vergleich der Reaktivität und Selektivität in Cyclotrimerisierungen, Hydrierungen und Hydroformylierungen erlauben, der nur auf den unterschiedlichen Metallen im Komplex beruht und die deutlichen Unterschiede zwischen den Metallen aufzeigt.[5] Für einen hochreaktiven CpCo(I)-Olefin-Komplex konnten wir in nichtchlorierten organischen Lösungsmitteln die Bildung eines tetranuklearen Co4-Clusters nachweisen und ihn isolieren und vollständig charakterisieren.[6] Er zeigte interessante Eigenschaften in der Isomerisierung von terminalen Olefinen.

Die Weiterentwicklung von gemischten CpCo-Olefin-Phosphit-Komplexen führte zur Entwicklung von bislang sehr seltenen luftstabilen Präkatalysatoren, die sowohl unter thermischen als auch photochemischen Bedingungen eingesetzt werden können.[7] Dieses Prinzip zur Stabilisierung von Co(I)-Komplexen mit unterschiedlichen Donorliganden ließ sich auch erfolgreich auf Komplexe mit funktionalisierten Cp-Ringen übertragen, die beispielsweise für die Anbindung an feste Phasen untersucht wurden.[8]

 

Luftstabile und recyclierbare CpCo(l)-Präkatalysatoren:

Die stereoselektive Darstellung von axial-chiralen Biarylen, d.h. zweier miteinander verknüpfter aromatischer Systeme um eine nicht frei drehbare Verbindungsachse, spielt eine wichtige Rolle in der organischen Synthesechemie. Die Biaryle mit der Axialchiralität als chiralem Element spielen sowohl in Naturstoffen als auch Pharmawirkstoffen eine zunehmend wichtige Rolle, während sie in katalytischen Anwendungen als Liganden bereits fest etabliert sind. Wir haben den Einsatz von chiralen Cobalt(I)-Komplexen für die asymmetrische Synthese von Heterobiarylen unter photochemischen Bedingungen im Detail untersucht.[9] Ebenso konnte die cobalt-vermittelte Bildung von diastereomeren Atropisomeren ausgehend von chiralen Diinen realisiert werden.[10] Es stellte sich heraus, dass diese Methode geeignet ist, in einer Reaktion beide Diastereomere darzustellen, die sich dann einfach chromatographisch voneinander trennen und isolieren lassen. Zudem erlaubte diese synthetischen Anwendung ganz konkret, sowohl thermische als auch photochemische Reaktionsbedingungen direkt miteinander zu vergleichen.

Darstellung von trennbaren Diastereomeren:

Wir haben die Cycloadditionsreaktionen auch genutzt, um Biarylsysteme mit unterschiedlich funktionalisierten, annelierten Fünfringen im Rückgrat des Pyridinfragments aufzubauen und die Rotationsbarrieren der Biarylachsen zu untersuchen. Dabei sind außergewöhnliche Abhängigkeiten von kleinen strukturellen Variationen für die Stabilität der Biarylachse festgestellt worden. Die Synthese von unterschiedlichen, symmetrisch und unsymmetrisch substituierten Triinen führte zur Darstellung einer ganzen Palette neuer substituierter Triaryle und der Identifikation von CoCl(PPh3)3 als geeignetem Cyclotrimerisierungskatalysator unter z. T. sehr milden Bedingungen.[11] Generell zeigte sich auch hier, dass die cobalt-basierte [2+2+2]-Cycloaddition ein hocheffizientes Instrument zum Aufbau von unterschiedlich funktionalisierten Biarylen darstellt.

Unsere Expertise auf dem Gebiet der Durchführung von Reaktionen mit gasförmigem Acetylen wird auch bei verschiedensten übergangsmetallkatalysierten Hydroheterofunktionalisierungen genutzt. Dabei wird das Potential von ungesättigten Verbindungen und speziell auch Acetylen für die Funktionalisierung insbesondere mittels später Übergangsmetallkomplexe von Ni, Pd, Pt und Fe untersucht. Solche Funktionalisierungsreaktionen üben analog den Cycloadditionsreaktionen ihren Reiz dadurch aus, dass sie in einem Schritt aus verhältnismäßig einfachen Vorstufen Synthesebausteine mit hoher Funktionalität ergeben.

Literatur

  1. I. Thiel, M. Hapke, Rev. Inorg. Chem. 2014, 34, 217-245. 
  2. B. Heller, M. Hapke, Chem. Soc. Rev. 2007, 36, 1085-1094.
  3. M. Hapke, N. Weding, A. Spannenberg, Organometallics 2010, 29, 4298-4304.
  4. I. Thiel, H. Jiao, A. Spannenberg, M. Hapke, Chem. Eur. J. 2013, 19, 2548-2554.
  5. a) N. Weding, R. Jackstell, H. Jiao, A. Spannenberg, M. Hapke, Adv. Synth. Catal. 2011, 353, 3423-3433; b) Übersicht: N. Weding, M. Hapke, Chem. Soc. Rev. 2011, 40, 4525-4538.
  6. N. Weding, A. Spannenberg, R. Jackstell, M. Hapke, Organometallics 2012, 31, 5660-5663.
  7. I. Thiel, A. Spannenberg, M. Hapke, ChemCatChem 2013, 5, 2865-2868.
  8. I. Thiel, M. Hapke, J. Mol. Catal. A: Chem. 2014, 383-384, 153-158.
  9. a) A. Gutnov, B. Heller, C. Fischer, H.-J. Drexler, A. Spannenberg, B. Sundermann, C. Sundermann,  Angew. Chem. 2004, 116, 3883-3886; b) M. Hapke, K. Kral, C. Fischer, A. Spannenberg, A. Gutnov, D. Redkin, B. Heller, J. Org. Chem. 2010, 75, 3993-4003.
  10. F. Fischer, P. Jungk, N. Weding, A. Spannenberg, H. Ott, M. Hapke, Eur. J. Org. Chem. 2012, 5828-5838.
  11. P. Jungk, F. Fischer, I. Thiel, M. Hapke, J. Org. Chem. 2015, 80, 9781-9793.