Struktur-Reaktivitäts-Beziehungen
Prof. Dr. Matthias Beller (Komm.)
PD Dr. habil. Wolfgang Baumann

Im TF 01 werden moderne experimentelle Methoden als wesentliche Grundlage für ein wissensbasiertes Katalysatordesign etabliert und kombiniert. Dies umfasst die Entwicklung, Optimierung und Anwendung innovativer Methoden, Verfahren und Aufbauten zur Durchführung katalytischer Reaktionen und Katalysatorsynthesen. Ziel ist es, die Entwicklung neuer katalytischer Verfahren zu beschleunigen und bestehende Verfahren effizienter zu gestalten. 

Ein Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung neuer spektroskopischer Reaktionszellen, in denen verschiedene in situ- und operando-Methoden simultan gekoppelt werden können. Hervorzuheben ist die 5-in-1-Kopplung von FTIR-ATR/UVVis/EPR/EXAFS/XANES an einer Messstelle des Synchrotron Soleil bei Paris, die beispielsweise die Aufklärung komplexer Reaktionsmechanismen ermöglicht. Darüber hinaus wurde eine Niedertemperatur-FTIR-Zelle entwickelt, um exponierte Metallzentren auf der Oberfläche von Feststoffkatalysatoren durch Adsorption von Sondenmolekülen (NO, CO) zu analysieren.

Für die operando-Spektroskopie bei erhöhtem Druck bis zu 20 bar wurden neue experimentelle Lösungen entwickelt. Erwähnenswert sind hier die FTIR-spektroskopische Untersuchung der Fischer-Tropsch-Synthese mit CO2 sowie die Kombination aus EPR-Spektroskopie und EXAFS/XANES für mechanistische Untersuchungen der homogenen Chrom-katalysierten Tetramerisierung von Ethylen.

Weitere Meilensteine auf dem Weg zu relevanten Reaktionsbedingungen bei in situ-Untersuchungen von Katalysatoren sind (i) die Installation einen neuen NAP-XPS Spektrometers (Near Ambient Pressure) am LIKAT und (ii) ein innovativer TEM-Aufbau mit speziellen Probenhaltern für in situ-Untersuchungen bei erhöhten Temperaturen und Drücken an der interdisziplinären Fakultät „Life, Light & Matter “ der Universität Rostock (Mittel dafür wurden gemeinsam eingeworben). Die Messungen unter annähernd realen Bedingungen ermöglichen z. B. Rückschlüsse auf anzupassende Reaktionsbedingungen oder auch Katalysatorbeschaffenheit.

Das umfangreiche Instrumentarium von operando-Techniken wurde für das Monitoring von selektiven Oxidationen, Hydrierungen, photokatalytischen sowie umweltrelevanten Reaktionen wie der selektiven katalytischen Reduktion von NOx (NH3 - SCR) und der photokatalytischen Ozonierung von organischen Verunreinigungen im Abwasser eingesetzt.

Ein sehr anschauliches Beispiel für die Zusammenarbeit verschiedener Gruppen in TF 01 ist die Entwicklung eines speziellen „Spin-Trapping“-Verfahrens in der TG „Magnetische Resonanz- und Röntgenmethoden“, das selektiv verschiedene Radikale unterscheiden kann. Mit Hilfe dieses Verfahrens können vorwiegend präparativ arbeitende Gruppen nachweisen, ob Reaktionen durch radikalische Mechanismen angetrieben werden.

Bei der Untersuchung struktureller und elektronischer Eigenschaften heterogener und homogener Photo- und Elektrokatalysatorsysteme in der CO2 -Reduktion, Wasserspaltung und Methanoloxidation zeigte sich, dass bekannte aktive Zentren aus der thermischen Katalyse vergleichbare Aktivitäten in den neuartigen Reaktionsführungen besitzen können. Die Zusammenarbeit im TF 01 ermöglichte die genauere Untersuchung dieser Erkenntnisse in temperaturabhängigen UV-Visund Raman-Messungen und die Entschlüsselung der Zusammenhänge zwischen optischen, elektronischen und katalytischen Eigenschaften des Materials.

Künftig soll mit der Kombination von operando-FTIR-Spektroskopie und Kinetik sowie Chemometrie ein neuer experimenteller Vorstoß im Themenfeld gewagt werden.