Magnetische Resonanz- und Röntgenmethoden

Dr. Jabor Rabeah

Die operando-Elektronenspinresonanz-Spektroskopie (ESR, EPR) eignet sich hervorragend zur Verfolgung katalytischer Prozesse, an denen Spezies mit ungepaarten Elektronen beteiligt sind, wie z. B. geträgerte und ungeträgerte Übergangsmetalloxid-Katalysatoren und/oder radikalische Intermediate.  Kernstück der für heterogene Gasphasenprozesse entwickelten Apparatur ist ein in einem X-Band-EPR-Resonator implementierter Mikrofestbett-Reaktor (T ≤ 550 °C, p ≤ 20 bar). Außerdem wurde erstmals ein beheizbarer Reaktor für in situ-Messungen im Q-Band entwickelt [siehe J. Am. Chem. Soc. 132 (2010) 9873], die eine höhere Auflösung komplizierter Spektren ermöglichen können.

Über umfangreiche Erfahrungen verfügen wir insbesondere bei folgenden Reaktionen:

  • Selektive Oxidation und Ammoxidation aliphatischer und aromatischer Kohlenwasserstoffe an Metalloxid-Katalysatoren
  • Selektive katalytische Reduktion von Stickoxiden an Metalloxid-Trägerkatalysatoren und übergangsmetalldotierten Zeolithen
  • Dehydrierung und Aromatisierung von Paraffinen
  • Dehydrierung von Glycerin
  • Photo(elektro)katalytische Wasserspaltung

Die Themengruppe hat vor Jahren die weltweit erste Dreifachkopplung, die operando-EPR/UV-vis/Raman-Spektroskopie, entwickelt und mit Erfolg für das Studium von Mo- und V-haltigen Oxid-Katalysatoren in selektiven Oxidations- und Ammoxidationsreaktionen eingesetzt. Unsere jüngste Simultankopplung ist die operando-EPR/UV-vis/ATR-FTIR-Spektroskopie für Flüssigphasenreaktionen [siehe Angew. Chem. Int. Ed. 53 (2015) 11791-11794].

In letzter Zeit wurden experimentelle Lösungen für operando-EPR-Untersuchungen von festen Katalysatoren in Strömen flüssiger Reaktionsmischungen sowie von homogenkatalytischen Systemen unter erhöhten Drücken und Temperaturen (bis 20 bar und 180 °C) geschaffen, wobei auch die Einleitung gasförmiger Reaktanden möglich ist. Diese neuen Techniken kamen erstmals beim Studium von Ni-Trägerkatalysatoren in der Dimerisierung von Butenen und von Chromkomplexen in der Tetramerisierung von Ethylen zum Einsatz.

Darüber hinaus wurde die operando-EPR-Spektroskopie für mechanistische Studien von photokatalytischen Reaktionen, z. B. der H2-Freisetzung aus Wasser, adaptiert. Mit Hilfe der gekoppelten operando-EPR/Raman-Spektroskopie konnten so fast alle Intermediate identifiziert werden, die in der lichtinduzierten Wasserreduktion an einem Iridium-Photosensitizer und einem Eisencarbonyl-Katalysator durchlaufen werden [siehe Angew. Chem. Int. Ed. 50 (2011) 10246]. Ein ähnlicher Aufbau wurde auch verwendet, um den Elektronentransfer in geträgerten plasmonischen Gold-Katalysatoren aufzuklären [siehe Angew. Chem. Int. Ed. 52 (2013) 11420]. Zur Zeit entwickeln wir in situ-EPR-Zellen mit implementierten Elektroden zum Monitoring von Katalysatorschichten auf Elektrodenoberflächen während der Wasser(photo)elektrolyse.

Experimente mittels in situ- und operando-Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAS) führen wir an unterschiedlichen Synchrotonringen durch, z. B. an BESSY in Berlin in Kooperation mit der Bundesanstalt für Materialforschung und-prüfung (BAM), am ESRF in Grenoble und an SOLEIL in Paris. So erfolgten gekoppelte in-situ-SAXS/WAXS/XAS-Messungen an modifizierten Pd/TiO2-Katalysatoren, um reaktionsbedingte Änderungen des Valenzzustandes und der Struktur der Metallionen mit XAS sowie der Partikel- und Kristallitgröße mittels SAXS/WAXS festzustellen. Untersuchungen mittels schneller XANES/EXAFS-Spektroskopie werden zur Zeit an geträgerten Pd- und Ni-Katalysatoren durchgeführt (z. B. während der Acetoxylierung von Toluol). Dies ermöglicht die Aufnahme von Spektren im Abstand von unter einer Minute und verbessert die Zeitauflösung enorm.

Für simultane operando-XRD/Raman-Messungen an festen Katalysatoren in Gasphasenreaktionen wird gegenwärtig ein Labormessplatz mit einem Reaktor mit kleinem Totvolumen entwickelt, der außerdem die schnelle Aufnahme von Diffraktogrammen ermöglicht. Die Kopplung dieser beiden Methoden ist insbesondere dann hilfreich, wenn  Katalysatoren amorphe und kristalline Phasen enthalten und/oder Nanokristalle mit Durchmessern unter 5 nm.